
Vom Kalkputz zur Verwirrungsklasse CS
Früher war nicht alles besser aber immerhin verständlicher.
1985 war die Welt der Putznormen noch in Ordnung – zumindest aus handwerklicher Sicht. Die DIN 18550 definierte klare Zuordnungen von Putzen anhand des Bindemittels.
Und dann kam die sogenannte „Modernisierung“.

Mit der „Modernisierung“ der DIN 18550 wurde eine neue Einteilung eingeführt: die sogenannten CS-Klassen, eine Klassifizierung nach Druckfestigkeit. Klingt technisch, klingt präzise, ist in Wahrheit jedoch ein Aufweichen klarer Aussagen. Denn plötzlich war nicht mehr das Bindemittel entscheidend, sondern die Druckfestigkeit.
Ein Schelm, wer Böses dabei denkt …
Für Putzhersteller war das ein Fortschritt. Für Verarbeiter, Planer und Bauherren jedoch ein Rückschritt. Was früher noch Rückschlüsse auf das verwendete Bindemittel zuließ, wurde durch eine unübersichtliche Norm ersetzt, und öffnete Tür und Tor für kreative Etikettierungen.

Zuständig für die Änderung der DIN
Die Überarbeitung der DIN 18550 im Jahr 2014, also zu einem Zeitpunkt, als sich der Markt für wohngesunde Putze gerade neu öffnete, wurde vom DIN-Normenausschuss Bauwesen (NABau) verantwortet. Federführend war der Arbeitsausschuss NA 005-06-06 AA „Putze und Putzmörtel“.
In diesem Gremium sitzen Vertreter verschiedener Interessensgruppen – darunter Industrieunternehmen, Handwerksbetriebe, Forschungseinrichtungen und Verbände. Zu den bekannten Beteiligten gehören u. a.:
- VDPM (Verband für Dämmsysteme, Putz und Mörtel e. V.)
- BAK (Bundesarchitektenkammer)
- ZDB (Zentralverband Deutsches Baugewerbe)
- Diverse Baustoffhersteller und Prüfinstitute
Die genaue Zusammensetzung bleibt oft intransparent. Klar ist aber: Industrielle Interessen haben maßgeblich Einfluss genommen und die neue Norm ganz in ihrem Sinne gestaltet.
Von „hart nach weich“ zu „irgendwie“
Ein funktionierender Putzaufbau folgt dem Prinzip: hart nach weich.
Doch mit der Einführung der CS-Klassen wurde genau dieses Prinzip ausgehebelt. Die neue Einteilung richtet sich nicht mehr nach dem Bindemittel, sondern ausschließlich nach der Druckfestigkeit – und die ist so weit gefasst, dass eine sinnvolle Orientierung kaum noch möglich ist.
Noch gravierender: Die einzelnen CS-Klassen überschneiden sich, sodass ein und derselbe Putz mehreren Klassen zugeordnet werden kann.
Ein System, das mehr Verwirrung als Klarheit schafft.
Beispiel: Ein Putz mit 1,5 N/mm² Druckfestigkeit kann sowohl der Klasse CS I (0,4–2,5) als auch der Klasse CS II (1,5–5,0) zugeordnet werden.
Der gleiche Mörtel, zwei mögliche Etiketten.
Das ist keine Norm, das ist ein Wunschkonzert.
Noch absurder: Ein Grundputz (unterer Bereich CS I) kann weicher sein als ein darauf folgender Deckputz (oberer Bereich CS I).
Da oft nur die CS-Klasse angegeben wird, nicht aber die konkrete Druckfestigkeit, sind Putzschäden vorprogrammiert.
Was wir verloren haben? Klarheit.
Die alte Einteilung war nicht perfekt aber nachvollziehbar. Sie gab Planern und Handwerkern eine Orientierung bei der Produktauswahl und half, langlebige und funktionierende Putzsysteme zu planen.
Und genau deshalb kämpfen wir.
Wir vom Verband Naturkalk setzen uns aktiv für eine neue Putznorm ein. Eine Norm, die wieder Orientierung statt Verwirrung schafft:
- Kalkputze müssen klar erkennbar sein.
- Das Bindemittel gehört wieder ins Zentrum der Klassifikation.
- Druckfestigkeitsklassen müssen einen funktionierenden Putzaufbau ermöglichen
Denn es kann nicht sein, dass Gewinnoptimierung wichtiger ist als Bauphysik und Nachhaltigkeit.
Werde Mitglied
Unterstütze uns dabei, eine Putznorm zu schaffen, die ihrem Namen wieder gerecht wird.