
CO₂ in der Kalkherstellung
Kaum ein Baustoff steht beim Thema Klimabilanz so häufig im Kreuzfeuer wie Kalk. „CO₂-intensiv“ heißt es – und tatsächlich: Die Zahlen der deutschen Kalkindustrie sprechen eine klare Sprache. Laut Bundesverband der Deutschen Kalkindustrie e. V. entstehen allein hierzulande jährlich rund 6,7 Millionen Tonnen CO₂ bei der Herstellung von Kalkprodukten. Das klingt nach viel – und das ist es auch. Aber wie so oft lohnt sich ein zweiter Blick. Denn: Nicht alles, was auf den ersten Blick klimaschädlich wirkt, ist es auch langfristig. Wer ehrlich über CO₂ reden will, muss genauer hinschauen.
Drei Arten von CO₂ – und warum das wichtig ist
In der öffentlichen Debatte wird oft über „CO₂-Ausstoß“ gesprochen, als gäbe es nur einen einzigen Ursprung. Doch in der Kalkherstellung muss ganz klar zwischen drei verschiedenen Quellen unterschieden werden:
Materialbedingtes CO₂
Dieses entsteht durch die chemische Umwandlung von Kalkstein (CaCO₃) in Branntkalk (CaO) – ein Vorgang, den man Kalzinierung nennt. Dabei wird das CO₂ aus dem Kalkstein herausgelöst. Dieser Prozess ist nicht vermeidbar, weil er grundlegend zur Kalkherstellung gehört.
Formelhaft ausgedrückt:
CaCO₃ → CaO + CO₂↑
Verbrennungsbedingtes CO₂
Um die für die Kalzinierung erforderlichen Temperaturen (ca. 900–1.200 °C) zu erreichen, werden heute überwiegend fossile Energieträger eingesetzt: Erdgas, Braunkohle, Koks. Die dabei entstehenden Emissionen sind technisch vermeidbar – durch alternative Brennstoffe, erneuerbare Energien oder effizientere Prozesse.
Prozessbedingtes CO₂
Diese Emissionen entstehen durch den Energieeinsatz rund um die Herstellung: für den Betrieb von Brechern, Öfen, Förderanlagen, Transportfahrzeugen und Verpackung. Auch sie lassen sich reduzieren, etwa durch elektrifizierte Prozesse oder den Einsatz von Ökostrom.
Der Unterschied: Naturkalk gibt CO₂ – und nimmt es wieder auf
Jetzt kommt der entscheidende Punkt, der in vielen CO₂-Debatten schlicht übersehen wird:
Kalk ist ein Baustoff mit Rückkopplung.
Was bedeutet das?
Das materialbedingte CO₂, das beim Brennvorgang aus dem Kalkstein entweicht, wird später – beim Abbinden des Kalks – wieder aufgenommen. Dieser Vorgang nennt sich Karbonatisierung: Dabei reagiert der gebundene Kalk mit dem CO₂ aus der Luft und wandelt sich langsam zurück in Kalkstein. Ein natürlicher Kreislauf – ohne technischen Aufwand.
Formelhaft:
Ca(OH)₂ + CO₂ → CaCO₃ + H₂O
Das bedeutet: Nahezu 100 % des ursprünglich freigesetzten materialbedingten CO₂ wird über die Jahre wieder in den Baustoff eingebunden – wenn es sich um reinen Kalk handelt, wie er bei Naturkalkputzen zum Einsatz kommt.
Im Klartext: Was rausgeht, kommt wieder rein. Das kann kein zementhaltiger Baustoff in diesem Ausmaß leisten.
CO₂-Bilanz: Kalk vs. Zement – ein Vergleich, der sich lohnt
Ein Blick auf die Zahlen zeigt: Kalk steht besser da, als viele denken – vor allem, wenn man die langfristige CO₂-Aufnahme mit einbezieht.

Die Zementherstellung verursacht nicht nur mehr materialbedingtes CO₂, sondern auch deutlich mehr verbrennungs- und prozessbedingte Emissionen – allein schon durch die höheren Brenntemperaturen und die intensiveren Verarbeitungsschritte.
Dazu kommt: Viele zementhaltige Produkte karbonatisieren nur an der Oberfläche und können das freigesetzte CO₂ nicht vollständig zurückbinden.
Und was ist mit CO₂-neutralem Kalk?
Die Kalkindustrie arbeitet seit Jahren an Strategien, um die Klimabilanz zu verbessern. Stichworte wie Wasserstoffbefeuerung, CO₂-Abscheidung (CCU/CCS) oder der Einsatz biogener Brennstoffe sind in aller Munde.
Doch während sich große Konzerne auf technische Lösungen konzentrieren, liegt bei Naturkalkputzen der Schlüssel in der Einfachheit:
- Keine Zusätze
- Keine Zementanteile
- Keine Kunstharze
- Keine energieintensiven Veredelungsprozesse
Stattdessen: Kalkstein, Wasser, Luft – und Zeit.
Der konsequente Einsatz von Naturkalkprodukten ist bereits heute eine realistische Maßnahme zur CO₂-Reduktion im Baubereich.
Wer Kalk mit Zement gleichsetzt, denkt zu kurz
Ja – Kalkherstellung verursacht CO₂. Aber nicht alles CO₂ ist gleich – und nicht jeder Kalk ist automatisch ein Klimaproblem.
Wer den natürlichen Kreislauf versteht, erkennt: Naturkalk kann langfristig sogar CO₂-neutral sein – vorausgesetzt, es handelt sich um reinen Kalk ohne Zementzusätze.
In einer Zeit, in der viele Baustoffe aufwändig grüngewaschen werden, ist Naturkalk einer der wenigen, der ganz ohne Marketing-Tricks eine ehrliche Bilanz vorweisen kann.
Ehrlich. Natürlich. Wiederverwertbar.